Jeanno Gaussis Arbeiten beschäftigten sich mit der Frage der kulturellen Identität und der Speicherung von Erinnerungsfragmenten. Gaussis multikultureller Hintergrund – geboren 1973 in Kabul, dort und in Neu Delhi sowie Berlin aufgewachsen – hat einen großen Einfluss auf ihre künstlerische Arbeit. In der Ausstellung sind Fotografien und Installationen zu sehen, entstanden im engen Zusammenhang mit Reisen der Künstlerin nach Kabul von 2007 bis heute.
Die Arbeit "Dreams on Wheels" entstand im Jahr 2013. Auf ihren Erkundungsreisen in die afghanische Hauptstadt stieß Jeanno Gaussi auf einen Mann, der im Exil ein aussterbendes Handwerk gelernt hat: "Truckpainters" lackieren Fahrzeuge, vor allem großformatige, mit kunstvollen Darstellungen der persönlichen Phantasien ihrer Besitzer. Offene Bilderbücher fahren so durch staubige Straßen und geben mehr über die Insassen preis als jedes flüchtige Gespräch. Intuitiv stellte Gaussi eine Verbindung her zum zur Schau gestellten Individualismus in westlichen Jugendkulturen und bat den Maler, sich eines Skateboards anzunehmen, eines für ihn fremden Vehikels. Der intensive Dialog der beiden Künstler über Innenwelten und Lebensziele bringt schließlich sieben Werkstücke in strahlenden Farben hervor.
"War Rug Project" ist eine fortdauernde Auseinandersetzung Gaussis mit der Durchwirkung der afghanischen Gesellschaft von Strukturen des Krieges und der Macht. Einen Ausdruck findet diese im Handwerk der "Kriegsteppiche", das als Echo zur uralten Tradition des Teppichknüpfens vor etwa 35 Jahren entstand - so lange entbehrt Afghanistan bereits des Friedens. Gaussi griff in Stoff gewobene Panzerdarstellungen ebenso auf wie persönliche Erinnerungsbilder und entwickelte daraus eine individuelle Formensprache. Sie verfremdete die Figuren digital, abstrahierte sie zu geometrischen Umrissen und nutzt sie seither in verschiedenen Arbeiten als Zeichenvorrat. Zu sehen in der Galerie koal sind auf einer Garderobe installierte Gewänder: langärmelige Chapans, Symbole des Reichtums und der sozialen Stellung, und traditionelle Peraans, die Roben des bodenständigen Mannes. Sie strahlen auf den ersten Blick ehrwürdige Autorität und Glaubwürdigkeit aus, offenbaren aber durch Gaussis Bearbeitung auf den zweiten jene modernisierte und institutionalisierte Kriegssymbolik, die in Afghanistan längst omnipräsent ist.
Der Begriff "Grenzgängerin" passt nicht zu Jeanno Gaussi - sie ist ohne Grenzen aufgewachsen, das Konzept ist ihr fremd. Stattdessen ist sie Schnittpunkt unterschiedlicher Lebenswelten, in dem sich kulturelle Kontexte addieren und miteinander reagieren. In ihrem Geburtsland Afghanistan sucht Gaussi nach Spuren dessen, was die Gesellschaft heute ausmacht, jenseits der bekannten, alles erstickenden Bilder von Terror und Tod. Sie findet neue Ikonen, die Halt geben in einem Leben ohne Sicherheiten, die zum Inventar der Selbstdefinition wurden für eine Generation, die im Krieg aufgewachsen ist. Sie findet aber auch funkelnde Fragmente von kulturellem Reichtum, die sie an ihre Kindheit erinnern. Mit offenen Sinnen stellt Gaussi eine neue Beziehung zu ihrer Herkunft her und arbeitet plastisch heraus, was sie beeindruckt, frei von eingrenzenden Kategorien. So bringt sie sich ganz selbstverständlich in die Rolle des Mediums, das teils dokumentarisch, teils interpretierend einen Blick eröffnet in eine Welt, die manche schon verloren glaubten.
Jeanno Gaussi (* 1973 in Kabul, Afghanistan) lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Arbeiten waren in zahlreichen internationalen Ausstellungen zu sehen. 2013 unter anderem bei der dOCUMENTA (13) in Kassel und der Mediterranean Biennale in Sakhnin, Israel.
Anfang 2014 war Gaussi mit Fotografien und Videos auf dem 18. Internationalen Festival Zeitgenössischer Kunst SESC_Videobrasil in Sao Paulo vertreten.
Galerie koal
Brunnenstrasse 25 B, First floor 10119 Berlin
Jeanno GaussiGalerie koal Main address:
Galerie koalWells Fargo CenterBrunnenstrasse 25 B, First floor10119 Berlin, Galerie koalWells Fargo CenterBrunnenstrasse 25 B, First floor10119 Berlin, Jeanno Gaussis Arbeiten beschäftigten sich mit der Frage der kulturellen Identität und der Speicherung von Erinnerungsfragmenten. Gaussis multikultureller Hintergrund – geboren 1973 in Kabul, dort und in Neu Delhi sowie Berlin aufgewachsen – hat einen großen Einfluss auf ihre künstlerische Arbeit. In der Ausstellung sind Fotografien und Installationen zu sehen, entstanden im engen Zusammenhang mit Reisen der Künstlerin nach Kabul von 2007 bis heute.
Die Arbeit "Dreams on Wheels" entstand im Jahr 2013. Auf ihren Erkundungsreisen in die afghanische Hauptstadt stieß Jeanno Gaussi auf einen Mann, der im Exil ein aussterbendes Handwerk gelernt hat: "Truckpainters" lackieren Fahrzeuge, vor allem großformatige, mit kunstvollen Darstellungen der persönlichen Phantasien ihrer Besitzer. Offene Bilderbücher fahren so durch staubige Straßen und geben mehr über die Insassen preis als jedes flüchtige Gespräch. Intuitiv stellte Gaussi eine Verbindung her zum zur Schau gestellten Individualismus in westlichen Jugendkulturen und bat den Maler, sich eines Skateboards anzunehmen, eines für ihn fremden Vehikels. Der intensive Dialog der beiden Künstler über Innenwelten und Lebensziele bringt schließlich sieben Werkstücke in strahlenden Farben hervor.
"War Rug Project" ist eine fortdauernde Auseinandersetzung Gaussis mit der Durchwirkung der afghanischen Gesellschaft von Strukturen des Krieges und der Macht. Einen Ausdruck findet diese im Handwerk der "Kriegsteppiche", das als Echo zur uralten Tradition des Teppichknüpfens vor etwa 35 Jahren entstand - so lange entbehrt Afghanistan bereits des Friedens. Gaussi griff in Stoff gewobene Panzerdarstellungen ebenso auf wie persönliche Erinnerungsbilder und entwickelte daraus eine individuelle Formensprache. Sie verfremdete die Figuren digital, abstrahierte sie zu geometrischen Umrissen und nutzt sie seither in verschiedenen Arbeiten als Zeichenvorrat. Zu sehen in der Galerie koal sind auf einer Garderobe installierte Gewänder: langärmelige Chapans, Symbole des Reichtums und der sozialen Stellung, und traditionelle Peraans, die Roben des bodenständigen Mannes. Sie strahlen auf den ersten Blick ehrwürdige Autorität und Glaubwürdigkeit aus, offenbaren aber durch Gaussis Bearbeitung auf den zweiten jene modernisierte und institutionalisierte Kriegssymbolik, die in Afghanistan längst omnipräsent ist.
Der Begriff "Grenzgängerin" passt nicht zu Jeanno Gaussi - sie ist ohne Grenzen aufgewachsen, das Konzept ist ihr fremd. Stattdessen ist sie Schnittpunkt unterschiedlicher Lebenswelten, in dem sich kulturelle Kontexte addieren und miteinander reagieren. In ihrem Geburtsland Afghanistan sucht Gaussi nach Spuren dessen, was die Gesellschaft heute ausmacht, jenseits der bekannten, alles erstickenden Bilder von Terror und Tod. Sie findet neue Ikonen, die Halt geben in einem Leben ohne Sicherheiten, die zum Inventar der Selbstdefinition wurden für eine Generation, die im Krieg aufgewachsen ist. Sie findet aber auch funkelnde Fragmente von kulturellem Reichtum, die sie an ihre Kindheit erinnern. Mit offenen Sinnen stellt Gaussi eine neue Beziehung zu ihrer Herkunft her und arbeitet plastisch heraus, was sie beeindruckt, frei von eingrenzenden Kategorien. So bringt sie sich ganz selbstverständlich in die Rolle des Mediums, das teils dokumentarisch, teils interpretierend einen Blick eröffnet in eine Welt, die manche schon verloren glaubten.
Jeanno Gaussi (* 1973 in Kabul, Afghanistan) lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Arbeiten waren in zahlreichen internationalen Ausstellungen zu sehen. 2013 unter anderem bei der dOCUMENTA (13) in Kassel und der Mediterranean Biennale in Sakhnin, Israel.
Anfang 2014 war Gaussi mit Fotografien und Videos auf dem 18. Internationalen Festival Zeitgenössischer Kunst SESC_Videobrasil in Sao Paulo vertreten.
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